Gewerkschaftsschule Tirol auf Studienreise in Wien

Ein Abend pro Woche und mehrer Wochenende lernen Betriebsrät:innen, Personalvertreter:innen, Vertrauensleute des ÖGB-Tirol voneinander und tauschen Erfahrungen aus. Ein wichtiger Beitrag ist die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte. Welche Arbeits- und Lebensbedingungen hatten unsere Vorfahren und was lernen wir daraus. Mehr als 20 Forscher:innen begaben sich auf Spurensuche.

Von den Seidenarbeiterinnen unter Maria Theresia, bis zu den Opfern der blutigen Schlachten der Habsburger, der Unterdrückung der Bauern, der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung beschäftigte uns die Frage haben die Habsburgerherrscher “Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen?” Mehr dazu…

Wie sich der steirische NS-Verbrecher Sigfried Uiberreither seiner Bestrafung entzog?

Wir bummeln durch das Zentrum von Graz und beim Burgtor sehen wir diese Inschrift in einem Rundbogen. Die Krümmung, die Örtlichkeit lassen kaum zu den Text zu lesen oder gar gut zu fotografieren. Wem wird hier gedacht? Was wird anklagt? Eine seltsame Inschrift in welchen historischen Bezug?Welche Funktion haben die Ketten? Ist hier etwas symbolisch weggesperrt oder sind die Ketten gar Symbole der Zrückhaltung der Aufklärung der Geschehnisse?

„Passant, willst du wissen, wo du stehst? Willst du wissen, Unschuldiger, wer du bist? Wie du dich krümmst, wenn du der Macht verfällst, zu ihrem Spielball und Opfer wirst? Willst du wissen, wie du vor Schmerz schreist? Ich, Sigfried Uiberreither alias Friedrich Schönharting, ging hier vom 9. Juni 1938 bis 31. März 1940 meiner Arbeit nach. Ich brachte als Landeshauptmann der Steiermark und in der Ausübung meiner sonstigen Ämter viele Menschen um. Ich tat es nicht alleine. Ich tat es nicht selbst. Ich hatte Mitarbeiter. Wenn du durch das Tor gehst, schäme dich nicht nur für mich. Wer suchte nach mir? Wer stellte mich vor Gericht? Warum hast du geschwiegen? Wer hat dich zum Komplizen gemacht?“1

Nicht nur die Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch ein Auseinandersetzen mit der Gegenwart soll dieses Mahnmal mit sich bringen, wünschte sich Werner Fenz, Leiter des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark. 2

Die Erinnerung der Vergangenheit wird nicht nur mit dem Aufzeigen der Greueltaten der Täter dargestellt. Ihre Namen, Rollen, Funktionen kommen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Was ist mit den Opfern? Wie und Wo haben sie gelebt? Was haben sie beruflich gemacht? Sie werden bei diesem Mahnmal wieder einmal versteckt. Das ist eine Erinnerungskultur an die Täter. Klar, ihre Taten müssen vor den Vorhang des Vergessens, des Verschweigens hervorgeholt werden, unbedingt. Genauso notwendig ist den Opfern eine Bühne in unserem Geschichtsbewusstsein zu geben, denn sie und nur sie haben das Unrechtssystem in Frage gestellt. Den Mitläufer:innen, die weggeschaut haben, die angeblich nichts gesehen haben, die heimlichen Profiteur:innen, müssen in das Antlitz der Opfer sehen, um wie in einem Spiegel die Qualen der Opfer als Synonym ihres eigenes Versagen zu spüren. Vielleicht schafft das Nachdenken darüber ein neues, aktiveres Demokratieverständnis. Natürlich hat dieses Denkmal dahingehend auch eine aufklärende Funktion. Jede und jeder sollte sich fragen „Was will uns dieses Denkmal sagen?“

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Wiener Gedenkkonzerte zum Holocaust

Mit dem Erinnern an die schrecklichsten Zeiten des 20. Jahrhunderts will das Vienna Royal Philharmonic Kulturverein das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus wahren, Lehren aus der Vergangenheit ziehen und sich bewusst mit diskriminierenden und antisemitischen Tendenzen in der Gesellschaft auseinandersetzen.

Durch die Rekonstruktion und Aufführung der Musik vertriebener Komponisten wollen wir nicht nur deren künstlerischen Schöpfungen wieder in das Tageslicht bringen, sondern auch ein Symbol der Versöhnung und des kulturellen Verständnisses schaffen.1

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Was machen der Führer und der Duce in einer Grazer Kirche?

Und nein, es handelt sich nicht um einen Fall für das NS-Verbotsgesetz.

Beim Lösen eines Adventure Lab während einer Geocachingtour stellt sich uns in Graz in der Herrengasse diese Frage. Angeblich sollen auf einem Kirchenfenster in der „Stadtpfarrkirche Zum Heiligen Blut“ Hitler und Mussolini zu sehen sein.

Die römisch-katholische Kirche zum Heiligen Blut ist die Grazer Stadtpfarrkirche. Im 2. Weltkrieg wurden die gotischen Glasfenster zerstört. Mit der Neugestaltung wurde Albert Birkle, dessen Kunst im Dritten Reich als entartet galt, beauftragt. Die Fenster wurden zum Skandal, denn sie zeigen Hitler und Mussolini an der Seite der Peiniger Christi. Vor dem Altar stehend das linke Fenster, in der rechten Hälfte dieses Fensters im vierten Teil von unten, findest du die Beiden.
Diesen Hinweis verdanken wir dem Geocacher thombeluga  mit seinem Tourist Lab – Unbekanntes Graz.

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Maria Cäsar – „Ich bin schon immer eine politische Frau gewesen!“

Ilse Wieser schreibt über die Grazer Widerstandskämpferin und Menschrechtspreisträgerin des Landes Steiermark

Die Basis ihrer politischen Tätigkeiten bildete die Forderung nach Gerechtigkeit. Ihre Kindheit und Jugend in einer ArbeiterInnenfamilie in Judenburg war geprägt vom Stolz auf die Klassenzugehörigkeit im Sinne der ArbeiterInnenbewegung, einer sozial, wirtschaftlich und politisch benachteiligten Gesellschaftsschicht. Ihre Familie war im Umfeld der Sozialdemokratie und des Republikanischen Schutzbundes aktiv, der Arbeiterwille wurde gelesen und diskutiert: es wurde politisiert. Hier entstand ihr Protestpotenzial. Maria Cäsar war überdies ein Mädchen, das sich nicht in die vorgeformte Rolle fügte: Sie liebte Debatten, blieb dem

Religionsunterricht fern und setzte sich gerne durch. Sie genoss aber auch die Gemeinschaft ihrer Jugendgruppe. Die Herrschaft des autoritären Ständestaates ab 1934 traf dann die Jugendliche unmittelbar: die Roten Falken, die linke Jugendorganisation, der sie angehörte, wurde verboten.1

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Der lange Schatten des Faschismus

Die Broschüre zu unserer Lesung ist fertig. Herzlichen Dank an Drizhal Peter für die Layoutierung.

Liebe Leser:innen dieser Broschüre!

Am Vorabend des 90. Jahrestages der endgültigen Beseitigung der Demokratie durch Dollfuß, durch die Heimwehr und ihrer christlichsozialen Helfershelfer setzen wir ein Signal.
Mit diesen Texten zeigen wir auf, dass die Ereignisse der Vergangenheit nur zu deutlich zeigen, wie wichtig rechtzeitiger Einsatz und Initiativen für ein demokratisches Zusammenleben sind. Die Lesung ist ein Versuch, die Zuhörer:innen aufzufordern Aktivist:innen in einer lebendigen Demokratie zu werden.
Und ja, die Aktionen und Akteur:innen im demokratischen Alltag sind nie perfekt. Die Ereignisse sind oftmals Kompromisse divergierender Interessen. All jene, die sich nicht daran beteiligen oder nur kritisierende Zuschauer:innen sind, stärken jene, die Menschenrechte, Freiheit, ein gutes Leben für alle und eine gerechte Verteilung des Reichtums und damit die Demokratie beseitigen wollen. Wir fordern sie auf –

MISCHEN SIE SICH EIN,
STÄRKEN SIE DIE DEMOKRATIE UND SORGEN SIE FÜR EIN
GERECHTES UND GUTES LEBEN FÜR ALLE.

Werner Drizhal – Vereinsvorsitzender Rote Spuren
Franz Koskarti – Vereinsvorsitzender ARGE

Stadtwanderung Arbeit und Migration gestern und heute

Auf der Wiener Ringstraße wäre heute keiner der Prachtbauten zu sehen, hätte es im 19. Jahrhundert keine „Ziegelböhmen“ in den Ziegeleien am Wiener- und Laaerberg gegeben. Die „Ziegelböhmen“ gehörten zu den ersten Arbeiter:innen in Wien, die erfolgreiche Streiks organisierten, einen 11-Stunden-Tag erkämpften und damit das Fundament für die heutige Gewerkschaftsbewegung legten.
Gleichzeitig war ihre Lage prekär. Viele mussten Wien verlassen, wenn sie für ihre Rechte kämpften oder die Arbeit verloren. Später verdingten sich arbeitslose Arbeiter:innen bei den Dreharbeiten zu „Sodom und Gomorrha“ (1922) in den damaligen Filmstudios am Laaerberg einen mickrigen Sold.
Last but not least, der nahegelegene Südbahnhof: ein Ankunfts- und Hoffnungsort für viele
„Gastarbeiter:innen“ und Menschen auf der Flucht, ein Treffpunkt aber vormals auch ein Ort von Zwangsarbeit.

Victor Adler inmitten der Ziegelarbeiter:innen

„Wir lernen im Vorwärtsgehen“ heißt es in der „Proletenpassion“ der Politrock-Band Schmetterlinge.
Diesem Motto und den Spuren von Migration und Arbeit, von Ausbeutung und Arbeitskämpfen
folgend, erkunden wir zu Fuß Schauplätze der Arbeiter:innen- und Migrationsgeschichte entlang des
grünen Gürtels im zehnten Wiener Gemeindebezirk. Dabei schlagen wir immer wieder die Brücke zu
aktuellen Diskussionen rund um Migration und Arbeit. Geh mit!

Termin: 17.5.2024
Treffpunkt: 9:00 Uhr, Otto Probst Platz – Endstation Straßenbahnlinie 11, 1100 Wien
Teilnahme ist kostenlos.
Route: Wienerberg-Laaerberg-ehem. Südbahnhof, ca. 8,5 km entlang einfacher Gehwege mit weniger als 100 Höhenmeter. Mittagspause im Böhmischen Prater.

Endpunkt: spätestens 15:00 Uhr, Absbergergasse, Endstation Straßenbahnlinie D, 1100 Wien
Anmeldungen per E-Mail unter: sozam@akwien.at oder rote.spuren@chello.at. Wir leiten die Rote-Spuren-Anmeldungen weiter.
Max. 25 Teilnehmer:innen

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Die Leopoldstadt – rund um die Jägerzeile

Wir tauchen ein in die Entstehungsgeschichte der Leopoldstadt und begeben uns auf die Spurensuche der jüdischen Geschichte. In der Jägerzeile starben 1848 fast 5000 Menschen, die erste demokratischen Menschenrechte verteidigten. Die Jägerzeile als Brennpunkt von Kunst und Kultur, die die herrschaftlichen Normen herausforderte. Die Weltausstellung 1873 machte Wien zu einem Zentrum des europäischen Frauenhandels. Wie geht es den Sexarbeiter:innen heute? Der enorme Bevölkerungszuwachs am beginnenden 20. Jhdt. bedeutet eine enorme Wohnungsnot. Was waren die Antworten des Roten Wien?

Ein Stadtspaziergang der Roten Spuren

Termin: Samstag, den 25. Mai 2024 um 13:00 bis 15:00 Uhr.
Treffpunkt: um 13:00 Uhr in der Praterstrasse 8 beim ehemaligen Wohnhaus von Dr. Karl Renner..
Der Spaziergang ist gratis – Vereinsmitglieder werden vorgereiht. Maximal 15 Teilnehmer*innen. Wenn es mehr Anmeldungen gibt, wird zeitnah ein weiterer Termin ausgeschrieben.
Anmeldung: Bitte per E-Mail an rote.spuren@chello.at

Erinnerung an die Widerstandskämpfer:innen in Graz

Das Denkmal zu Ehren der österreichischen Freiheitskämpfer während des nationalsozialistischen Regimes ist das erste kommunale Projekt einer Denkmalsetzung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Grazer Zentralraum.1

Paulustorgasse, 8010 Graz

Wir entdeckten diese Gedenktafelbei unserem Rundgang in Graz. Bei der Recherche ist mir klar geworden, dass durch die jahrelange Verzögerung der Anbringung die „Ausdrucksform“ der politischen Situation des „Verschleierns“ und „Zudecken“ an der Beteiligung der Greueltaten in den 50er und 60er Jahren, immer mehr reduziert wurde.

Heidemarie Uhl dazu im Gedächtnisraum Graz dazu:

Das Kriegsgefangenenlager Braunau – St. Peter am Hart während des Ersten Weltkrieges.

Bereits kurz nach Kriegsbeginn errichtete das in Braunau stationierte, galizische Feldjäger-Bataillon 4 der K.u.K.-Armee und die ersten 300 russischen Häftlinge in Braunau ein Gefangenenlager. Die aus militärischer Sicht günstige Lage – also das gut zu überwachende Gelände, die Mattig zur Wasserver- und -entsorgung und die Verkehrsanbindung – sprachen für den Standort Aching, erläuterte Kotanko. Anfangs für 15.000 Kriegsgefangene ausgelegt, wurde das Lager in den Folgejahren für bis zu 50.000 Mann erweitert.1

Foto von der Gedenkstätte an der Mattig – Gemeinde St. Peter am Hart
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